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ZKS-News

Infodossier Podcast Folge 19: Mehr Mädchen und Frauen im Sport

Sport bietet Gesundheit, Gemeinschaft und persönliche Entwicklung – doch Mädchen und Frauen sind in vielen Sportarten und Vereinsstrukturen noch immer unterrepräsentiert. Deshalb ist es wichtig, Mädchen und Frauen gezielt zu fördern und ihnen Zugang, Sichtbarkeit und Teilhabe im Sport zu ermöglichen.

Die Förderung von Mädchen und Frauen im Sport ist aus mehreren Gründen gesellschaftlich relevant. Sport stärkt nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern fördert auch Teamgeist, soziale Teilhabe und persönliche Selbstwirksamkeit. 

Historisch betrachtet waren viele Sportarten für Mädchen lange nicht zugänglich: Während Gymnastik und Tanz toleriert wurden, galt dies für Ballspiele oder Kampfsportarten oft nicht. Mädchen mussten sich durchsetzen, ihr Engagement wurde häufig in Frage gestellt. Auch heute wirken noch Rollenbilder, die Sportarten «für Mädchen» oder «für Jungen» definieren, und diese beeinflussen, welche Sportarten Mädchen wählen oder welche Vereine sie besuchen.

Unsere Expertin im Podcast

 

Rebekka Rohrer ist Sportlehrerin und Programmleiterin von «Atleta» beim Sportamt der Stadt Zürich. Im Podcast gibt sie Einblicke in das Programm und die erzielten Erfolge, berichtet über die Entwicklung der Mädchenförderung im Sport und erklärt, warum es besonders wichtig ist, Mädchen gezielt zu unterstützen und ihr Mitwirken am Sport zu stärken.

Entstehung und Ansatz des Programms Atleta

Die Stadt Zürich erhob 2020 Daten zur Jugendsportförderung, wonach Mädchen über alle Sportarten hinweg nur 35 Prozent der Vereinsmitglieder ausmachten – in «männlich» konnotierten Sportarten wie Eishockey oder Kampfsport deutlich weniger. Als Reaktion stellte der Gemeinderat zusätzliche Mittel bereit und lancierte das Programm Atleta, das Vereine finanziell und beratend unterstützt, mehr Mädchen für den Sport zu gewinnen. 

Inzwischen stieg der Mädchenanteil auf 37 Prozent. Die folgende Übersicht zeigt die Entwicklung der Mädchenanteile im Vereinssport von 2020 bis 2024 sowie die teils grossen Unterschiede zwischen den Sportarten.

Diagramm städtischer Anteil Mädchen im Sportverein

Entwicklung der Mädchenanteile im Vereinssport der Stadt Zürich 2020–2024: In nur 10 von den aufgeführten 47 Sportarten überwiegt der Mädchenanteil.

Warum Mädchenförderung heute noch wichtig ist

Auch wenn heute niemand mehr glaubt, dass Mädchen physisch belastende Sportarten nicht ausüben dürfen, bestehen weiterhin soziale Hürden. Sport gilt nach wie vor häufig als «Männersache»: Mädchen werden seltener ermutigt, in bestimmten Sportarten aktiv zu werden, und haben weniger Vorbilder. Historische Stereotype – etwa, dass Eishockey zu aggressiv und daher nichts für Mädchen sei, während Eiskunstlauf als «ästhetisch passend» gilt – wirken noch heute.

Die Förderung von Mädchen und Frauen ist deshalb nicht nur eine Frage von Gleichstellung, sondern bringt den Vereinen und der Gesellschaft Vorteile:

  • Erweiterte Mitgliederbasis: mehr potenzielle Mitglieder, mehr Engagement
  • Talentförderung und Leistungsfähigkeit: grösserer Pool an Sportlerinnen
  • Vorbilder und Inspiration: erfolgreiche Sportlerinnen motivieren junge Mädchen
  • Sozialer Zusammenhalt: Vielfalt stärkt Teamgeist und Gemeinschaft
  • Gesundheit und Gleichstellung: Sport fördert körperliche und mentale Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe

 

Typische Barrieren für Mädchen

Trotz Fortschritten bestehen weiterhin verschiedene Hindernisse, die den Einstieg und die Teilnahme von Mädchen im Sport erschweren:

  • Gesellschaftliche Normen und fehlende Vorbilder: Festgelegte Rollenbilder verhindern oft, dass Mädchen bestimmte Sportarten ausprobieren. Fehlende Trainerinnen und bekannte Athletinnen reduzieren Motivation und Teilhabe.
  • Ressourcen und Finanzierung: Trainings, Fördermittel und Infrastruktur sind für Mädchen oft weniger zugänglich, was die Entwicklung im Breiten-, Nachwuchs- und Leistungssport einschränkt.
  • Sexualisierung und Diskriminierung: Mädchen erleben Sport häufig reduziert auf Aussehen oder sexualisierte Zuschreibungen, was das Engagement hemmt.
  • Psychologische Barrieren: Angst, Unsicherheit oder der Druck, gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, hält Mädchen vom Sport ab. Training, Technik und Selbstvertrauen helfen, diese Hürden zu überwinden.
  • Herkunftsbedingte Widerstände: Familie und Umfeld können die sportliche Teilhabe beeinflussen. Niederschwellige Angebote und Einbindung der Eltern erleichtern den Zugang.


Besonders herausfordernd ist es für Mädchen, die im Kindesalter keinen Verein kennenlernen – je älter sie sind, desto grösser die Hürden.

Podcast Gäste der Folge "Mehr Mädchen im Sport"

Moderatorin Regula Späni spricht mit Rebekka Rohrer über die Mädchenförderung im Sport. Foto: ZKS

Erfolgreiche Ansätze und Projekte

Atleta zeigt, dass gezielte Massnahmen wirken, wenn sie auf die jeweilige Sportart und die spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Besonders erfolgsversprechend ist dabei, der Schule eine zentrale Rolle zu geben, da dort alle Kinder erreicht werden. Beispiele aus der Praxis:

  • Leichtkontakt-Boxen: 
    Boxtrainerinnen besuchen den Sportunterricht und führen die Mädchen in die Sportart ein – ein niedrigschwelliger Zugang für alle Kinder Mehr dazu im Erfahrungsbericht der Projektverantwortlichen.
     
  • Sportheldinnen: 
    Spitzensportlerinnen stellen ihre Sportarten vor und bieten Schnuppermöglichkeiten.
     
  • Ride Girls: 
    Miniveloparcours für Vorschulkinder mit passender Ausrüstung, kombiniert mit Informationen für Eltern. Eine Leiterin erzählt in diesem Artikel mehr über das Projekt.
     
  • Let's Move: 
    Weiterbildungsangebote für Trainer/-innen, Funktionär/-innen, Eltern und Lehrpersonen zur Sensibilisierung für Geschlechterfragen im Sport.
     
  • Alle Projekte und Initiativen sind auf der Website des Sportamts der Stadt Zürich zu finden.

 

Auch der ZKS unterstützt Verbände bei der Umsetzung von Projekten. Erfolgreiche Beispiele sind das Projekt «Advantage Girls» von Zurich Tennis sowie das Projekt  «Mädchen- und Frauenfussball FVRZ» des Fussballverbands.

Mehr Frauen in Vereinsvorständen und als Funktionärinnen

Mit dem neuen Branchenstandard des Schweizer Sports, der ab 2026 für alle Sportorganisationen verbindlich wird, rückt die ausgewogene Geschlechterverteilung in Leitungsorganen noch stärker in den Fokus. Für lokale Sportvereine besteht keine fixe Quotenvorgabe. Doch Vereine, die Bundesgelder beziehen, sind verpflichtet, ab Anfang 2026 eine Geschlechterquote in ihren Statuten zu verankern. Damit eine ausgewogene Geschlechtervertretung nicht nur auf dem Papier steht, sondern im Vereinsalltag wirksam wird, können Vereine verschiedene Massnahmen ergreifen:

  • Aktiv Frauen ansprechen: Nicht auf spontane Kandidaturen warten, sondern gezielt geeignete Frauen im Verein ansprechen und ermutigen. Dabei kann eine Erkenntnis aus einer Evaluation vom FVRZ von Melanie Lioi helfen. Frauen und Männer engagieren sich aus unterschiedlichen Gründen. Männer betonen oft ihre Sportleidenschaft oder den Wunsch nach Mitgestaltung, während Frauen häufiger die Förderung des Mädchen- und Frauensports, gute Rahmenbedingungen und das Bedürfnis, dem Sport etwas zurückzugeben, motiviert. Diese Unterschiede sind nicht wertend – aber für die Rekrutierung enorm hilfreich. Vereine sprechen Frauen erfolgreicher an, wenn sie genau jene Aspekte hervorheben, die ihr Engagement sinnvoll machen.
     
  • Bedürfnisse abklären: Nachfragen, was Frauen für ihr Engagement brauchen – z. B. klare Rollen, zeitlich begrenzte Mandate oder flexible Sitzungsformen, die Beruf und Familie berücksichtigen.
     
  • Verantwortung stärken und Wertschätzung leben: Frauen ermutigen, Verantwortung zu übernehmen, und ein wertschätzendes Vereinsklima schaffen. Co-Leitungen können den Einstieg erleichtern und die Belastung verteilen.
     
  • Weibliche Vorbilder sichtbar machen: Funktionärinnen, Trainerinnen und engagierte Frauen im Verein aktiv porträtieren und im Vereinsalltag hervorheben.
     

Fazit

Die langfristige Vision ist klar: Jedes Kind soll ohne zusätzliche Hürden die Möglichkeit haben, die Sportart auszuüben, die es liebt – unabhängig von Geschlecht, gesellschaftlichen Erwartungen oder traditionellen Rollenbildern. Gleichstellung geht alle an und braucht alle für die Umsetzung. Das Wichtigste für eine nachhaltige Umsetzung ist die Haltung und der Wille, wirklich etwas verändern zu wollen. Und zusätzlich braucht es noch ein wenig Geduld.

Mädchen- und Frauenförderung in deiner Sportart anpacken? Der ZKS unterstützt Sportverbände bei ihren Projekten

 

Auch der ZKS unterstützt seine Mitgliedsverbände bei Projekten zur Förderung von Mädchen und Frauen – sowohl finanziell als auch beratend. Wenn ihr ein Projekt umsetzen möchtet, meldet euch bei uns. Wir begleiten euch von der Idee bis zur Umsetzung.

 

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