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Sportpolitik

«Dieses Bewusstsein muss bei den Politikern immer wieder geschärft werden»

An der Spitze von Swiss Olympic steht der Zürcher Nationalrat Jürg Stahl. Im Interview erklärt er, welche sportpolitischen Themen aktuell sind und welche Auswirkungen diese auf den Vereinssport haben.

Jürg Stahl, wie sehen Sie die Bedeutung des Vereinssports in der Schweiz?

Der Vereinssport ist die Basis für das Sportleben. Die Sportvereine sorgen für ein breites, vielfältiges und günstiges Sportangebot. Heute gehen in der Schweiz gegen 2 Millionen Menschen in rund 19'000 Sportvereinen einer Freizeitbeschäftigung im Sport nach. Der soziale und gesundheitliche Aspekt ist enorm. Ausserdem zeigt sich im Sport eine grosse Bereitschaft, sich freiwillig und unentgeltlich zu engagieren. 96 Prozent der Ämter in den Vereinen und Verbänden werden ehrenamtlich ausgeübt. Müsste die geleistete Arbeit bezahlt werden, beliefe sich dies auf rund 2 Milliarden Franken. Aus diesen Gründen stufe ich die Bedeutung des Vereinssports für unser Land als sehr gross ein.

Warum sollen aus Ihrer Sicht Sportlager politisch unterstützt werden?

Es geht in diesen Lagern um mehr als nur um Sport. Man muss sich in eine Gruppe einordnen und sich zusammenraufen. Für mich ist das auch Lebensschule. Der Wert und die Wirkung von Sportlagern sind aus meiner Sicht für die Politik verpflichtend, solche Lager auch zu fördern. Sie ermöglichen jedem Teilnehmendem einen persönlichen Entwicklungsschritt.

Im Nationalrat waren 2015 auch obligatorische Schneesportwochen Thema, doch wurde die entsprechende Motion von Dominique de Buman (CVP/FR) zurückgewiesen. Wie haben Sie diese Debatte erlebt?

Die Debatte an sich war ein Erfolg, weil das Anliegen im Grundsatz nicht bestritten war. Jedoch hat ein Obligatorium immer den Beigeschmack von Zwang und ein Lager soll nicht aus einem Zwang heraus organisiert werden. So verliert es an Attraktivität und Reiz. Wichtiger ist, dass wir den Leuten, die Schneesportwochen und generell Lager durchführen, wieder mehr Vertrauen schenken. Hohe Wellen warf 2015 die Diskussion um die J+S-Beiträge. Am Ende wurden die Beiträge auf dem bisherigen Stand belassen.

«Der Sport vollbringt eine gesellschaftliche Leistung, die in den politischen Instanzen zu wenig wertgeschätzt wird.»

Jürg Stahl, Präsident Swiss Olympic und Nationalrat

Wie erlebten Sie diese Diskussion?

Die Ankündigung kam sehr kurzfristig und entfachte im Parlament eine emotionale Diskussion über die Parteigrenzen hinaus. Es war ein Stich ins Herz des Ehrenamts. Diese hohen Wellen waren der eigentliche Erfolg. Die Vereine verschafften sich Gehör. Sie bewegen Woche für Woche Hunderttausende im J+S-Alter. Tausende Leitende halten dieses wertvolle Konstrukt am Leben. Vieles ist dabei selbstverständlich geworden. Der Sport vollbringt eine gesellschaftliche Leistung, die in den politischen Instanzen zu wenig wertgeschätzt wird. Im Ehrenamt geht es auch um ideelle Wertschätzung. J+S ist ein wichtiger Pfeiler in der Schweizer Sportförderung.

Wie kann diese Unterstützung langfristig gesichert werden?

Wir müssen uns im Klaren sein, dass der Subventionskuchen nicht grösser wird und der Verteilkampf immer da sein wird. Der Bundesrat ist jedoch gut beraten, die mittelfristige Sicherung der J+S-Gelder zu gewährleisten. J+S hat die Absicht, mehr Jugendliche zu bewegen. Doch darf der Erfolg nicht zulasten des Einzelnen gehen. Deshalb darf kein fixer Betrag festgeschrieben sein. Der Sport ist vernünftig genug, keine Fantasiebeträge zu fordern. Die Mittel sollen adäquat weiterfliessen, auch wenn sich mehr Jugendliche bewegen. J+S ist eine kostengünstige Organisation und das Geld fliesst dorthin, wo es Wirkung erzielt. Alle Landesteile sowie grosse und kleine Vereine haben einen Nutzen davon. Wir müssen aber wachsam bleiben. Es wird immer Leute geben, die den Rotstift dort ansetzen, wo gesetzliche Verpflichtungen fehlen. Das ist im Sport und im Ehrenamt der Fall.

Im medialen Fokus steht meist der Spitzensport. Subventionen sind jedoch für den Jugend- und Breitensport von zentraler Bedeutung. Wie kann diese wichtige Unterstützung auch in Zukunft gesichert werden?

Es ist sicher einfacher, in der Politik Geld für den Jugend- und Breitensport zu holen als bei grossen Sponsoren. Gerade der Breitensport bewegt in der Schweiz von Kindsbeinen bis zum Seniorenturnen. Das Dreieck mit Nachwuchssport, Breitensport und Spitzensport kann aber nur gemeinsam erfolgreich existieren. Letztlich kamen Aushängeschilder wie Roger Federer, Dominique Gisin oder Kariem Hussein nicht als Goldmedaillengewinner auf die Welt. Alle diese Vorbilder hatten einst einen J+S-Leiter und besuchten ein Sportlager. Da halfen sie beim Abwaschen, Aufräumen oder Essenausgeben mit. Dieses Bewusstsein muss bei den Politikern immer wieder geschärft werden.

Wie kann sich der Vereinssport engagieren, damit er politisch Gehör findet?

Auf Bundesebene setzt sich Swiss Olympic als Dachverband für die Interessen des Sports ein. Auf Kantonsebene sind es die Kantonalverbände wie der ZKS, die mit vielen gut ausgebildeten und erfahrenen Mitarbeitenden dafür sorgen, dass die Anliegen des Sports gehört werden. Die Vereine sind auf Gemeindeebene gefordert. Im Gespräch und Austausch mit den lokalen Behörden können sie dafür sorgen, dass die sportbegeisterten Einwohnerinnen und Einwohner ein vielfältiges Sportangebot vorfinden. Eine wichtige Aufgabe, von der der ganze Schweizer Sport profitiert!

Quelle des Basisbeitrages: Dossier «Sport und Lagerfeuer», Mai 2016
Herausgeber: Zürcher Kantonalverband für Sport und Sportamt Kanton Zürich

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