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Gesellschaftliche Bedeutung

«Lager ermöglichen eine Kompetenzentwicklung im Bereich Sozialerfahrung»

Lagererlebnisse sind oft bleibende Erinnerungen. Der Berner Sportpädagoge Dr. Stefan Valkanover liefert im Interview weitere wichtige Aspekte, die den Wert eines Sportlagers belegen.

Herr Valkanover, was ist aus der Sicht des Sportpädagogen der Nutzen eines Sportcamps oder eines Trainingslagers?

Ich würde ihn in drei Hauptaspekten zusammenfassen. Kinder können Autonomie-Erfahrung sammeln, wenn sie eine gewisse Zeit von zu Hause weg sind. Weil sie in einer Gruppe funktionieren und gemeinsam etwas erschaffen müssen, ermöglichen Lager den Kindern und Jugendlichen eine Kompetenzentwicklung im Bereich Sozialerfahrung. Und drittens erzielen die Lagerteilnehmenden im sportlichen Bereich Fortschritte, wenn sie sich intensiv mit einer Sportart oder auch mehreren Sportarten beschäftigen.

Welche persönlichkeitsbildenden Werte werden dabei vermittelt?

Soziale Erfahrungen und sozialer Kompetenzaufbau gelten als persönlichkeitsbildungsrelevant. Jugendliche lernen in Sportlagern ihren Körper besser kennen, was ebenfalls zur Persönlichkeitsbildung beiträgt. Wer freiwillig in ein Lager geht, muss selber diesen Schritt wagen und ein Commitment dazu abgeben.

Was können Kinder in einem Sportlager für das spätere Leben lernen?

Fraglos sammeln Jugendliche in einem Sport- oder einem Pfadilager wichtige Erfahrungen. Es ist jedoch schwierig zu sagen, inwiefern diese prägend oder entwicklungsrelevant sind. Verläuft ein Lager absolut problemfrei, dann ist die spezifische Erlebnisdimension vielleicht nicht so gross. Die Begegnung mit dem Unerwarteten ist eine Voraussetzung, damit ein Lager etwas Besonderes ist.

Welche Regeln sollen in einem Lager aufgestellt werden und wie sind diese durchzusetzen?

Regeln sind der Orientierungsrahmen, um miteinander auszukommen. Ich empfehle einen Rahmen zu setzen, was nicht toleriert wird. Dies betrifft primär Aspekte, die die Sicherheit sowie die Eigen- und Fremdgefährdung betreffen. Es sind Umgangsformen festzulegen, damit ein gemeinschaftliches Erlebnis möglich wird. Gebote sind aus meiner Sicht weniger empfehlenswert. Regeln sind aber nur wertvoll, wenn bei einem Übertreten Sanktionen erfolgen. Das kann so weit gehen, dass die Eltern ihr Kind aus dem Lager abholen müssen. Bei länger dauernden Lagern kann eine interessante Form sein, gänzlich auf elektronische Geräte zu verzichten. Natürlich muss die Möglichkeit bestehen, dass Kinder und Eltern zum Beispiel über die Lagerleitung in Kontakt treten können. Die ganze Handykultur hat das emotionale Bedürfnis gefördert, sofort alles mit den Eltern oder Freunden zu teilen.

Wie wichtig sind Erfahrungen von jungen Lagerleitenden?

Der Rollenwechsel ist sehr interessant. Nachdem sie selbst von Identifikationsfiguren profitierten, werden sie nun zu Vorbildern für fast Gleichaltrige. Das ist eine neue Rollenerfahrung. Je nach der beruflichen oder privaten Zielsetzung sind das sehr wertvolle Erfahrungen. Sich zu finanziell unattraktiven Bedingungen zu engagieren und als Gegenwert ein Lächeln zu erhalten, empfinde ich als sehr wertvoll.

Wie sehen Sie die Rolle von Eltern im Zusammenhang mit Lagern?

Zentral ist, dass das Kind ins Lager will. Danach ist die Unterstützung wie die Hilfe beim Packen oder der Umgang mit allfälligen Ängsten bis zum Lager selber wichtig. Während dem Lager sollten die Eltern abrufbar sein. Es geht aus meiner Sicht nicht an, dass die Eltern in der Lagerwoche nicht erreichbar bzw. abrufbar sind. Eltern müssen zum einen das Vertrauen in das Kind haben, dass es sich im Lager gut entwickelt und gesund nach Hause kommt. Zum anderen ist das Vertrauen in das Konzept und die Leitenden des Lagers wichtig. Es braucht ein mentales Begleiten von Kind und Lagerleitung. Die Einstellung der Eltern trägt wesentlich zum guten Gelingen eines Lagers und der positiven Erfahrungen eines Kindes bei.

Wieso gehen Kinder in den Ferien gerne in Sportwochen?

Es ist etwas anderes als der Alltag und braucht Überwindung. Die Kinder können mit Gleichaltrigen zusammen sein, was in der Familie nur begrenzt möglich ist. Den Eltern können sie zeigen, dass sie in der Lage sind, auf eigenen Beinen zu stehen. Ausserdem wissen die Kinder, dass sie in solchen Lagern sehr viele positive Erfahrungen sammeln. Es ist eine Chance, gemeinsam Spass zu haben und vielleicht auch einmal über die Stränge zu schlagen.

Wie wichtig sind Schulsportlager?

Es fehlt zwar das aus meiner Sicht wichtige Prinzip der Freiwilligkeit. Ich sehe es jedoch als grosse Chance für die Schule, ausserhalb des Unterrichts einen Kontrast zu setzen. Es ermöglicht Kindern aus Bevölkerungsschichten, die sonst kaum einmal in ein Lager gehen würden, wertvolle Lagererlebnisse. Es darf jedoch nicht passieren, dass aus Kostengründen die obligatorischen Sportstunden gegen Sportcamps ausgespielt werden.

Wie sieht es mit den Werten in den Daycamps ohne auswärtige Übernachtung aus?

Ich finde es sehr wertvoll, längere Zeit am gleichen Thema zu sein. Die Kinder sehen Gleichaltrige immer wieder – auch bei den gemeinsamen Mahlzeiten. Von einem zusätzlichen Auflösen der Gruppe für das Mittagessen rate ich deshalb dringend ab. In Daycamps sollen die Aspekte Sportarten kennenlernen und sportliches Vorwärtskommen stark gewichtet sein. Auch können die Eltern eingebunden werden – zum Beispiel beim Mittagstisch.

Quelle des Basisbeitrages: Dossier «Sport und Lagerfeuer», Mai 2016
Herausgeber: Zürcher Kantonalverband für Sport und Sportamt Kanton Zürich

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